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Lustige, witzige Gedichte zum Geburtstag Wilhelm Busch (1832 - 1908)

Ratschlag an Sohn

Mein Sohn, hast Du
allhier auf Erden
Dir vorgenommen, was zu werden,
sei nicht zu keck, und denkst Du,
sei ein stiller Denker.
Nicht leicht befördert wird der Stänker.

Mit Demut salbe Deinen Rücken,
voll Ehrfurcht hast Du Dich zu bücken,
musst heucheln,
schmeicheln,
musst Dich fügen;
denn selbstverständlich nur durch Lügen
kommst Du vom Fleck.

Oh tu's mit Eifer, tu's geduldig,
bedenk, was Du Dir selber schuldig.
Das Gönnerherz wird sich erweichen,
und wohlverdient wirst Du erreichen
den guten Zweck.

Zum Geburtstag eines Freundes

Da kommt mir eben so ein Freund
mit einem großen Zwicker.
Ei, ruft er, Freundchen, wie mir scheint,
Sie werden immer dicker.

Ja, ja man weiß oft selbst nicht wie,
so kommt man in die Jahre;
Pardon, mein Freund, hier haben Sie
schon eins, zwei graue Haare!

Hinaus, verdammter Kritikus,
sonst schmeiß ich Dich in Scherben.
Du Schlingel willst mir den Genuss
der Gegenwart verderben.


Der Weise

Der Weise, welcher sitzt und denkt
und tief sich in sich selbst versenkt,
um in der Seele Dämmerschein
sich an der Wahrheit zu erfreuen,
der leert bedenklich sein Flasche,
nimmt seine Dose aus der Tasche,
nimmt eine Prise, macht hapschie!
Und spricht: " Mein Sohn, die Sache ist die!

Eh' man auf diese Welt gekommen
und noch so still vorlieb genommen,
da hat man noch bei nichts was bei;
man schwebt herum, ist schuldenfrei,
hat keine Uhr und keine Eile
und äußerst selten Langeweile.
Allein man nimmt sich nicht in acht,
und schlupp! ist man zur Welt gebracht.

Zuerst hast Du es gut, mein Sohn,
doch pass mal auf, man kommt Dir schon...
Du wächst heran, Du suchst das Weite,
jedoch die Welt ist voller Leute,
die Dich ganz schrecklich überlisten
und die, anstatt Dir was zu schenken,
wie Du wohl möchtest, nicht dran denken.
Und wieder scheint Dir unabweislich
der Schmerzensruf: Das ist ja scheußlich!

Doch siehe da, im trauten Kreis
sitz Jüngling, Mann und Jubelgreis,
und jeder hebt an seinen Mund
ein Hohlgefäß, was meistens rund,
um draus in ziemlich kurzer Zeit
die drin enthaltne Flüssigkeit
mit Lust und freudigem Bemühen
zu saugen und heraus zu ziehen.

Weil jeder dies mit Eifer tut,
so sieht man wohl, es tut ihm gut...
Mein lieber Sohn, du tust mir leid,
Dir mangelt die Enthaltsamkeit.
Enthaltsamkeit ist das Vergnügen
an Sachen, welche wir nicht kriegen.
Drum lebe mäßig, denke klug.
Wer nichts gebraucht, der hat genug!

So spricht der Weise, grau von Haar,
ernst, würdig, sachgemäßig und klar,
wie sich's gebührt in solchen Dingen;
Lässt sich ein Dutzend Austern bringen,
isst sie, entleert die zweite Flasche,
hebt seine Dose aus der Tasche,
nimmt eine Prise, macht hapschie!
Schmückt sich mit Hut und Paraplü,
bewegt sich mit Bedacht nach Haus
und ruht von seinem Denken aus.

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